Deutsche Meisterschaften der Frauen U17 in Rüsselsheim

Vivien holt Platz 9 bei den Deutschen!!!

Am 4.3.07 fanden die Deutschen Einzelmeisterschaften der Frauen U17 statt, für die sich Vivien letzte Woche mit einem hart erkämpften dritten Platz qualifizieren konnte.

So fuhren wir also am 3.3. zu fünft nach Rüsselsheim.

Mit dabei waren: Die Kämpferin Vivien, die Betreuerin Antje, die lieben Eltern Moni und Moritz und der Fotograf Max.

Für alle die wie ich nicht wissen wo Rüsselsheim liegt: bei Frankfurt am Main.

Auf der langen Autofahrt spekulierte Vivien darauf dass alle anderen Kämpferinnen ihren Judopass vergessen würden, und deshalb nicht starten dürften, und sie somit ohne Probleme deutsche Meisterin werden würde.

Die Anspannung war Vivien aber doch anzumerken, da sie bis Sonntag ungewöhnlich still war und nichts essen konnte. Den anderen ging es genauso.

Am Morgen des 4.3. standen wir dann in der Rüsselsheimer Walter-Köbel-Halle, umringt von den (noch) mehr oder weniger unbekannten zukünftigen Top-Judoka unseres Landes. Bekannte Gesichter waren lediglich der JCL (mit Svea Schwäbe in Viviens Gewichtsklasse im Gepäck), eine kleine Fraktion Delitzscher Sportfüchse, und einige Qualifizierte der Gruppe Mitte-Ost (Sachsen, Niedersachsen, Thüringen), auf die Vivien schon getroffen war.

Da wir relativ zeitig eingetroffen waren konnten wir uns gute Plätze suchen und eine einzelne Sportlerin beobachten die mit zwei dicken Jacken mit Kapuze noch „schnell“ Gewicht machen musste.

Kaum in der Halle angekommen, gingen Antje und Vivien sofort Wiegen. Es gab 4 Waagen!!! Auf 3 Waagen wurde Landesverbandsweise gewogen, die 4. war für die Kämpfer, zum Kontrollwiegen. Vivien hatte ihr Gewicht natürlich locker und so konnten wir diesen Teil der Veranstaltung schnell hinter uns bringen und Vivien konnte erst mal Frühstücken bzw. wurde genötigt etwas zu Frühstücken, denn die Aufregung hatte ihr gehörig den Appetit verschlagen…

Antje besorgte beim Landestrainer erst einmal Vivien ihre Start- und Eintrittskarte und die vorläufige Liste, die sich aber auch nach Wiegeschluss nicht mehr änderte. 24 Starter tummelten sich in der Gewichtsklasse –44kg, Vivien hatte keine Freilos und sollte als erstes auf eine Starterin aus Niedersachsen treffen, deren Name Antje unbekannt war – schon mal ein gutes Zeichen!

Nach und nach begann sich die Halle mit Judokas aus allen Teilen Deutschlands zu füllen. Nach Wiegeschluss gegen halb Neun war die Matte dann brechend voll mit weiblichen Judokas und man konnte absehen dass Vivien die mit Abstand am niedrigsten graduierte Kämpferin in der Halle war. Unser erster moralischer Sieg. Mit gelb-orange zu den Deutschen fahren. Ein Traum!

Wie angekündigt begann Punkt 9:10 Uhr die feierliche Eröffnung. Für alle die wie ich dass erste mal dieser Zeremonie beiwohnen durften, bestimmt genauso unvergesslich.

Mit einer tollen Hintergrundmusik lief eine Gruppe von Kindern des JC Rüsselsheim mit großen Schildern der Landesverbände ein und liefen eine Runde um die Matte. Der Ansager nannte alle Namen und den jeweiligen Landesverband. Dann wurde darum gebeten dass sich alle Teilnehmer hinter ihren jeweiligen „Flaggenträger“ positionierten.

Na gut, der JCL machte dass natürlich nicht, und Bremen war alleine, aber es sah schon toll aus. Im Hintergrund gab es noch die dazu passenden Flaggen im Großformat die man von der Hallendecke heruntergehängt hatte.

Ein wahnsinns-Flair!

(Kleine Geschichte am Rande: Der kleine Fahnenträger von Niedersachsen war ein bisschen müde und hätte fast die hinter ihm stehende Starterin mit seinem Schild erschlagen 🙂 )

Dann wurden alle Gäste gebeten sich zu erheben und die Nationalhymne wurde gespielt. Das hatte Stil!

Nach der Hymne hielten noch einige Persönlichkeiten (unter anderem DJB-Präsident Peter Frese, der neben uns geparkt hatte) feierliche Eröffnungsansprachen ab.

Danach wurden die Wettkämpfe begonnen.

Es wurde auf fünf Matten unter der Leitung der höchsten deutschen Kampfrichter (unter anderem Stephan Bode, der höchste deutsche Kampfrichter überhaupt) gekämpft. Nur die aufgerufenen Kämpfer und maximal zwei Betreuer durften an den Mattenrand, obwohl sich die Absprerrung Stück für Stück näher an den Mattenrand verlagerte (von ursprünglich 3 Metern auf einen).

Vivien Gewichtsklasse sollte erst kurz nach 12 Uhr starten, wir hatten also noch Zeit uns die Kämpfe der Gewichtsklassen –48 kg, -52 kg, -57 kg, – 63 kg und –70 kg anzusehen.

Am meisten interessiert waren interessiert waren wir an den Kämpfen vom “Judogirl Berlin” Maureen Siegmann, die wir schon im Internet auf ihrem Weg zu den Deutschen verfolgt hatten, die aber mit zwei gewonnenen und zwei verlorenen Kämpfen ausschied.

(Die Internetseite www.judogirl-berlin.de wurde auf leider unbekannten Gründen vor vier Wochen gesperrt.)

Aber es gab auch andere spannende Kämpfe zu sehen. Nur wenige Kämpfe wurden mit Ippon beendet, es gingen sogar sehr viele Kämpfe ins Golden Score und ungewöhnliche viele Kämpfe wurden mit Hantei entschieden.

Besonders schön waren die Aktionen im Boden, wo sehr oft durch Hebel gewonnen wurde.

Zitat: “Wo die (Kämpferinnen) die Dinger (Hebel) noch ziehen!?!” Und es war wirklich unfassbar wo manche Starterinnen den langen Arm noch herholten.

Vivien war die ganze Zeit sehr aufregt und war ständig verschwunden, und immer wenn sie wieder kam, wurde sie mit den Worten “Kind, du musst was essen.” empfangen, worauf immer ein “Später. Wenn ich fertig bin mit Kämpfen” folgte.

Gegen halb Zwölf gingen Antje und Vivien nochmal zum Aufwärmen, da die Matte natürlich nun nicht mehr frei war, in den Aufwärmraum, wo Moni zufolge die Luft “zum Schneiden” war.

Viviens Gewichtsklasse startete gegen Eins, und war die einzige Gewichtsklasse die auf zwei Matten gekämpft wurde, wobei Viviens Pool dem anderen ständig meilenweit voraus war.

Mit Vivien startete unter anderem Svea Schwäbe (JC Leipzig), eine sehr erfolgreiche Kämpferin, die auch schon bei den U17-EM Plätze belegt hatte und gegen die Vivien bei den Mitteldeutschen gekämpft hatte.

Auch deren Kämpfe beobachteten wir mit Spannung.

Die Gewichtsklasse –44 kg kämpfe auf den Matten 1 und 2, und von wir waren von Anfang bis Ende am Mattenrand, nur ab und zu unterbrochen durch Anrufe von Viviens Geschwistern und anderen Verwandten, die vor Spannung zu Hause sonst vermutlich einfach geplatzt wären. Die Telefonate gestalteten sich alle sehr lustig, da Vivien kaum zum Reden aufgelegt war, weil sie natürlich viel zu aufgeregt und auf die Kämpfe konzentriert war.

Viviens Kämpfe:

Das Ziel war gesetzt: als wiederum niedriggraduierteste Kämpferin ihrer Gewichtsklasse (es gab im gesamten Starterfeld aller Gewichtsklassen nur eine Kämpferin, die auch Gelb-Orange trug, vereinzelt war Orange und auch Grün zu sehen, in der Hauptsache aber Blau und Braun) sollte es darum gehen, das beste zu geben und zu zeigen was man kann. Egal ob man den Kampf gewinnt oder verliert, ist es auf dieser Ebene schon ein Erfolg wenn man aktiv „mitkämpfen“ kann – also nicht nur „Opfer“ ist. Ob es dabei auch zum Gewinn eines Einzelkampfes reicht oder nicht, sollte nicht im Vordergrund stehen und hängt bei einer 24er Liste natürlich auch immer ein bisschen vom Losglück ab.

Vivien musste gegen die Blaugurtin Hase vom Garbsener SC (Niedersachsen) antreten. Im Stand konnte sie dem energischen Nackengriff ihrer Gegnerin nur schwer etwas entgegensetzen, kassierte aber keine Wertung und verlor nach anfänglichen Schwierigkeiten auch die Scheu und versuchte selbst aktiv anzugreifen. Im Boden war die Blaugurtin technisch jedoch einfach überlegen und konnte Vivien in eine Festhalte nehmen und 25 Sekunden halten. Der Kampf war verloren, doch Vivien hatte ihr bestes gegeben und es gab keinen Grund zur Enttäuschung. Nun hieß es warten und ausruhen bis zur Trostrunde.

Dort stand sie dann der Hessin Ullmann (ebenfalls blau) gegenüber. Auch sie machte es Vivien im Griffkampf keineswegs leicht, doch Vivien konnte mit ihrem gewohnt starken Griff zumindest mithalten. Vivien machte ihre Sache gut und entschärfte immer wieder brenzlige Situationen und störte den Griff der Gegnerin. Und dann passierte es völlig ohne Vorwarnung: Vivien schmierte wieder ganz dick Balsam auf Antjes Trainerseele und warf ihre Gegnerin mit der extra am Freitag und beim Aufwärmen geübten O-Uchi-Gari – Uchi-Mata – Kombination blitzauber auf den Rücken. IPPON!!! Unglaublich. Die Freude bei uns Fünfen war riesig.

(Den Vereinskameraden der Hessin, die sich auf einen leichten Sieg ihrer Favoritin gefreut hatten, und die sich hämisch über Viviens orange-gelben Gürtel gefreut hatten, schlief dermassen das Gesicht ein, dass ich mir vor unterdrücktem Lachen fast eingemacht hätte.)

Nun konnte es richtig los gehen! Im nächsten Kampf der Trostrunde traf sie auf die Mecklenburgerin von der Aa vom PSV Schwerin (wieder blau). Antje kannte die Schülerin vom Sportgymnasium Schwerin und hatte mit ihr im letzten Jahr auch trainiert. Sie war sowohl technisch als auch im Griffkampf durchaus als stark einzuschätzen. Antje wusste um ihren starken tiefen Seoi-Nage und um ihre Schwäche bezüglich Fußtechniken und bereitete Vivien darauf vor. Und schon ging es los. Die Schwerinerin machte erwartungsgemäß Druck und dominierte den Griffkampf, doch Vivien schaffte es trotzdem sich gegen all ihre Angriffe zu wehren und konterte einmal sogar mit einer Fußtechnik auf Yuko und ging in Führung. Nun erhöhte die Blaugurtin den Druck nochmals und warf Vivien auf die Seite – Yuko – aus der Traum von der Führung… Doch die Seitenrichter legten ihr Veto ein und der Mattenleiter verringerte auf Koka! Puh! Glück gehabt – aber das gehört ebend auch dazu!!! Die restliche Kampfminute verging im Eiltempo und Vivien rettete ihren Vorsprung über die Zeit. Wahnsinn!!!

Die Pflicht war nun mehr als erfüllt – jetzt kam die Kür. Wie sollte es anders sein: wieder eine Blaugurtin: Klinge vom JC Northeim (Niedersachsen). Auch sie ging ein enorm hohes Tempo und wirbelte Vivien ganz schön in der Luft herum. Vivien musste mehrere Wertungen gegen sich einstecken: Vivien bekam einen Shido und ihre Gegnerin erzielte Waza-Ari, Yuko & Koka und nahm Vivien in eine Festhalte, aus der sie sich mit einem Kraftakt aber wieder befreien konnte. Alles in allem schaffte die Gegnerin aber keinen vorzeitigen Sieg durch Ippon. Vivien hatte es mit enormen Kampfwillen und Biß immerhin geschafft ihrer Gegnerin, einen Kampf über die volle Zeit abzuluchsen. Ein Kampf auf den man stolz sein kann, auch wenn man ihn nicht gewonnen hat.

Vivien belegte somit den 9.Platz ihrer Gewichtsklasse – ein traumhaftes Ergebnis bei einer deutschen Meisterschaft!!! Außerdem konnte sie sicherlich jede Menge Erfahrungen und Erlebnisse mit nach Hause nehmen, an die sie hoffentlich noch lange zurückdenken wird!

Sicherlich spielten die Medaillengewinner dieser Gewichtsklasse in einer völlig anderen Liga. Aber dies schmälert Viviens Leistung mit Nichten. Für Freizeitsportler wie uns sind 2 gewonnene Kämpfe bei einer Deutschen Meisterschaft ein Top-Ergebnis, auf das Vivien mit Recht mehr als stolz sein kann!!! Vor allem wenn man bedenkt, dass Vivien erst 2 1/2 Jahre Judo macht und damit den meisten Teilnehmerinnen wohl um einiges nachstand.

noch einmal: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH!!!

Natürlich war auch die mit Vivien startende Svea Schwäbe hoch im Kurs und wir verfolgten auch ihre Kämpfe mit Spannung. Sie konnte ohne Probleme bis in Halbfinale durchziehen, wo sie auf Mihrisah Tetik aus Würtemberg traf. Dieser Kampf war einer der spannendsten, ach was solls, DER Spannendste, den wir zu sehen bekamen. Laut Antje war es “das vorgezogene” Finale und es war echt überraschend ie exakt gleichstark die beiden Kontrahentinnen waren. Keine konnte im regulären Kampf eine Wertung für sich verbuchen, obwohl beide ständig im Angriff waren. Kurz vor Schluss holte sich Svea eine blutige Nase, aber was für eine. Die Ärzte wurden der Blutung nicht so recht Herr und im Bodenkampf ging das starke Bluten zum zweiten Mal los.

Nach längerem Probieren wurde die Nase komplett verbunden und komplett meint ganz und gar. Das betreffende Nasenloch wurde mit einem Wattebausch zugemacht und die ganze Nase mit Tape verbunden. Es sah übel aus. Der Kampf ging also im Golden Score weiter. Svea Schwäbes Nasenverband begann schon langsam “durchzuröten” vor Blut und wieder konnte keine Kämpferin eine Wertung erzielen. Es kam wie es kommen musste: Schiedsrichterentscheid. Und auch dieser ging denkbar knapp aus. Mit 2:1 gewann Tetik und Svea Schwäbe verlies wütend und traurig die Matte. Einziger Trost: Tetik gewann auch das Finale.

Also im Nachhinein betrachtet war die –44 kg-Klasse unheimlich stark besetzt und es ist anzunehmen, dass noch einige von sich hören machen werden.

Nach dem Ende aller Vorrundenkämpfe und den Kämpfen um die dritten Plätze, wurde nacheinander alle Finalkämpfe abgehalten. Mit Spotlight auf der mittleren Matte erwiesen sich die letzten Kämpfe des Tages als meist nicht sonderlich schön (OK, zwei gingen mit lupenreinen Ippons zu Ende), aber auf jeden Fall spannend.

Kaum zu fassen: Auch ein Finale musste mit Hantei entschieden werden. Nach jeweils zwei oder drei Kämpfen wurden die betreffenden Siegerehrungen vorgenommen.

Alle Finalteilnehmer erhielten eine Sporttasche (ein Sprachfehler oder vielleicht war es auch die späte Sunde führte jedesmal zu einer “Spötttasche”), und es gab weitere Sachpreise und Championspässe von Adidas, wobei leider keiner wusste was das war.

Am lustigsten fanden wir natürlich Viviens Gewichtsklasse, wo Lucy Nisser aus Thüringen, die auch spitze gekämpft hatte, aber sich im starken Teilnehmerfeld nicht bis ganz vorn durchsetzen konnte, den 5. Platz belegte und einen Handball bekam. Gleich nach der Siegerehrung ging sie damit jonglierend durch die Halle als ob nichts passiert wäre.

Alle Ergebnisse gibts wie immer beim Judobund.

Ein bisschen schockierend fand ich noch ein anderes kleines Randerlebnis. Ein Teilnehmerin in der –40 kg-Klasse, die einen Medaillenplatz belegt hatte, wurde von ihrem Trainer gefragt, ob sie den zufrieden sei, worauf nur ein gleichgültiges “Ja, ich geh jetzt duschen” kam. Irgendwie schade, wenn man sich über eine Medaille bei den Deutschen nicht mehr freuen kann, weil alles andere wahrscheinlich inakzeptabel gewesen wäre…

Naja wir waren über unseren neunten Platz total aus dem Häusschen!

Vivien freute sich auf jeden Fall mindestens 10mal so viel wie die anderen über ihre Teilnehmerurkunde und den Vermerk über ihre Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften im Judopass und das frühzeitig heimlich von Antje zur Seite geschaffte T-Shirt, dass sie für ihren 9. Platz geschenkt bekam, nachdem Vivien schon gedacht hatte, dass es in ihrer Größe keins mehr gab.

Kurz nach 18 Uhr verließen wir die Halle und begaben uns auf den Heimweg, der uns einer alten SG Weixdorf- Tradition zu Folge noch zu einem McDonalds führte, und gegen 23 Uhr kamen wir dann wieder alle total müde, aber wahnsinnig stolz und glücklich, in heimatlichen Gefilden an.

(Auch auf der Autofahrt musste Vivien noch Telefonate führen, die sich über eine Menge “Ja`s” und ab und zu ein “Tschüß” kaum hinausbewegten 🙂 )

Und wieder einmal hatte eine von uns den Kadersportlern das Fürchten gelehrt.

9. bei den Deutschen. Ich kann es immer noch nicht fassen.

Damit ist Vivien zusammen mit Antje die erfolgreichste Starterin unseres Vereins, mit zwei gewonnenen Kämpfen bei Deutschen Meisterschaften.

Einfach Spitze! Es war super!

Danke Vivien!