15. März 2008: DEM U17 – wir waren doch dabei!!!

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Allgemein

Wie so oft bei so einer großen Meisterschaft, sind die Randgeschichten fast interessanter als die eigentlichen Kämpfe – oder zumindest gibt es so wahnsinnig viel zu erzählen. Fang ich einfach mal der Reihe nach an:

Am Donnerstag erreichte uns die völlig überraschende Nachricht, dass Vivien als 5. Platzierte der Mitteldeutschen Meisterschaften doch zu den Deutschen Meisterschaften nachrücken darf, weil die Sportlerin Friedrich aus Werdau immer noch verletzt ist.

Das war vielleicht eine Bombe – so kurz vorher hatte damit keiner mehr gerechnet. Doch da gab es ein riesiges Problem: Vivien hatte „Übergewicht“ – und zwar ordentlich! Als sie am Donnerstag von der Schule kam, hatte sie 50 kg. Doch sie war festen Willens die Gewichtsklasse -48kg zu erreichen. Doch das sollte zum echten Krimi werden – und ich will ihn euch nicht vorenthalten. Also setzte sich die Mühle in Bewegung. Moni kümmerte sich um die Übernachtung und ich beraumte ganz fix noch ein Training für Vivien ein. Nach dem Anfängertraining stellte sich Julia extra noch zur Verfügung – Danke! Mit 10 Runden auf der Aschenbahn und jeder Menge Niederwürfen von Wettkampftechniken verfolgten wir 2 Ziele: technisch fit für den Wettkampf sein, aber vor allem Gewicht machen. Mit Erfolg – nach dem Training war schon fast 1 Kilo runter.

Am Freitag war der Speiseplan bei Vivien dann sehr übersichtlich. Um die Waage weiter zu bestechen, durfte Vivien am Freitag nach der Schule mit Moritz gleich noch mal rennen gehen. Schön warm eingepackt verließen wir das heimische Dresden um 17:45 Uhr. Im Schwäbischen angekommen, bezogen wir unsere Zimmer und packten natürlich als erstes die Waage aus. Doch leider zeigte sie immer noch das gleich an, wie am Donnerstagabend. Wir hofften auf einen nächtlichen Gewichtsverlust und wussten, dass wir am Morgen sehr zeitig in die Wettkampfhalle müssen, um vor dem offiziellen Wiegen noch zu schwitzen.

700 Gramm waren es dann am Samstagmorgen noch. 6:45Uhr verließen wir unsere Unterkunft, in der sogar ein Werbeplakat der Deutschen Meisterschaften hing – die Betonung liegt auf „hing“ – denn Moni hatte der Chefin das Plakat mit viel Wimpernklimpern abgeschwatzt. Angekommen in der „Großen Sporthalle“ von Schwäbisch Gmünd, waren wir einige der ersten und kamen auch noch ohne Eintritt zu bezahlen (8 Euro für Erwachsene!!!) rein. Nun wurde Vivien zum Michelinmännchen verpackt: 2 Jogginghosen + Judohose und dicke Socken darüber, oben dicke Mütze, T-Shirt, Rolli, Judopulli, Judojacke und die Fleecejacke von Moritz – Moni ihre hätte nicht mehr drüber gepasst (leider haben wir in der ganzen Hektik vergessen, davon Fotos zu machen). Und dann ging’s ab in die Aufwärmhalle. Gott sei dank brauchte ich mich nicht so dick anzuziehen, ich schwitze auch so. Wir liefen 15 Minuten und machten knapp 10 Min Bodenkampf: Vivien schnaufte beängstigend und ich hatte echt ein schlechtes Gewissen. Aber ich hatte mir ja am Tag zuvor ihre Genehmigung eingeholt, sie quälen zu dürfen. Nach diesen 25 min schnell auf die Waage und gucken, was es gebracht hat: es fehlten immer noch 300 Gramm und das offizielle Wiegen (von 7:45 Uhr bis 8:30 Uhr) hatte bereits begonnen. Also alle Schichten wieder angezogen und weiter ging’s. Das Ziel so knapp vor Augen hatte nun auch Vivien der Ehrgeiz gepackt und wir rannten noch mal 10 Minuten und machten knapp 15 Minuten Bodenkampf. Moni hielt die Waage in der Toilette schon für uns bereit. Wir wussten, wenn es jetzt nicht reicht, bleibt uns nicht mehr viel Zeit. Bis Vivien die völlig durchnässten Schichten endlich ausgezogen hatte, kam es mir wie eine Ewigkeit vor. Rauf auf die Waage: und … 47,9kg – YEAH! Moni holte schnell den Judopass und wir flitzen zum offiziellen Wiegen – dort war Vivien, glaub ich, die Vorletzte. Und wird die offizielle Waage das Ergebnis bestätigen? – Zum Glück: 47,95 kg – boah war das knapp! Die Freude war riesig. Und der harte Kampf mit der Waage brachte Vivien einen Schokoladenosterhasen und mir eine offizielle Tasse der DEM ein – Danke Moni! Endlich konnte Vivien Essen und Trinken und im Vergleich zu letztem Jahr bekam sie auch etwas hinunter. Nun gingen Vivien und ich erstmal duschen – duschen vor dem Wettkampf, das gab noch nie! Pünktlich zur Eröffnung mit a cappella gesungener Nationalhymne stand Vivien frisch gefönt im Judoanzug an der Matte.

9:30 Uhr begannen die Kämpfe und uns blieb zum Glück noch Zeit, denn Viviens Gewichtsklasse sollte laut Ablaufplan erst 12:30 Uhr beginnen. Vivien schlief erstmal noch eine Runde und ich besorgte eine Wettkampfliste, die zu meinem Erschrecken 50 Cent kostete! Auch so kann man zu Geld kommen, unglaublich. Auch unsere Freude darüber, keinen Eintritt zahlen zu müssen, währte nicht lang: Es waren unzählige Helfer im Einsatz, die einen überall überprüften, ob man einen Stempel hatte. Also bezahlten Moni und Moritz, mich kontrollierte erstmal keiner, denn ich rannte ja im Judoanzug durch die Gegend. Mit Hilfe ihrer Eintrittskarte konnte Moni dann für 5 Euro Pfand eine Betreuerkarte holen und als ich keinen Judoanzug mehr anhatte, schütze mich diese Karte dann vor Kontrollen. Wenigstens ein kleiner Sieg über die geldgierigen Ausrichter. Auch den Imbiss schnitten wir fast gänzlich, denn die Preise waren reichlich unverschämt.

Nun hatten wir jede Menge Zeit, die Kämpfe der niedrigeren Gewichtsklassen bei den Jungs und Mädchen zu begucken. Und so einige Namen kleiner Stars kannten wir und verfolgten gespannt deren Kämpfe. Und so bissl hatten wir schon den Eindruck, dass das Starterfeld diesmal stärker einzuschätzen war: Im letzte Jahr hatten die jungen Judokas doch zum überwiegenden Teil den blauen Gürtel, es waren viele Grüngurte am Start und auch Orange-Grüngurte, Braungurte nur ganz wenige. Dieses Jahr gab es jede Menge Braun- und Blaugurte, nur vereinzelt Grüngurte und nur ganz, ganz wenige Orange-Grüngurte. Nun ist die Gürtelfarbe ja nicht alles, aber auch das Kampfniveau schätzte ich als höherwertig ein. Letztes Jahr waren vor allem in den niedrigen Gewichtsklassen auch noch „kindlichere“ Kampfstile zu sehen, noch nicht so abgebrüht und erfahren.

11:30 Uhr trieb Vivien mich dann zur Erwärmung. Locker noch ein bisschen Laufen und Dehnen (Vivien hielt es auch für sehr wichtig, dass ich mich ausreichend dehnte…) und dann noch mal verschiedene Techniken durchwerfen und ein bisschen Griffkampf. 12:15 Uhr waren wir bereit, aber ausgerechnet auf Viviens Matte ging es erst 14 Uhr los.

In der Gewichtsklasse -48kg waren 24 Kämpferinnen am Start und Vivien hatte kein Freilos. Die 50-Cent-teure-Liste sagte uns den Namen der ersten Gegnerin: Maria Graf aus Waldetzenberg (Bayern). Der Name sagte mir erstmal nichts, was ja für gewöhnlich kein schlechtes Zeichen ist. Wir wechselten von der Tribüne nach unten. Nun war die Anspannung bei uns allen riesig groß. Als Vivien zum Vorbereiten aufgerufen wurde, entdeckten wir auch ihre Gegnerin: eine sehr große Braungurtin. Ich gab Vivien sie letzten Tips, nämlich dass die Bayerin sicherlich oben drüber greifen wird und sie konsequent versuchen muss, das zu unterbinden. Und tatsächlich die Braungurtin versuchte über den Diagonalgriff immer wieder unangenehm von der Seite auf den Rücken zu greifen und konnte Vivien so einen Yuko und einen Koka abringen. Doch mit zunehmender Kampfzeit stellte sich Vivien darauf ein und störte den Griff erheblich, so dass Maria Graf eigentlich kaum noch zum Zug kam und Vivien sich eigene Chancen erarbeiten konnte. Eine Wertung war fast schon überfällig, aber zum Glück der Bayerin und zu unserem Pech, war die Kampfzeit abgelaufen. Da wir nun auf die Trostrunde warten mussten, wechselten wir erstmal wieder auf die Tribüne und beobachteten die weiteren Kämpfe der Hauptrunde. Maria Graf bekam als nächstes eine sehr einfache Gegnerin – schade, die hätte Vivien bestimmt auch geschlagen. Doch nun wurde es mit einer starken Berlinerin und der Thüringerin Nisser (der Mitteldeutschen Meisterin) härter für die Bayerin. Doch zu meinem Erstaunen setzte sie sich gegen beide durch, stand am Ende im Finale und wurde Zweite (!!!) – das hätte ich ihr nicht zugetraut!

Vivien musste nun in der Trostrunde gegen die Brandenburgerin Jenny Werner aus Rathenow antreten. Vivien dominierte gewohnt den Griff und ging offensiv zur Sache. Einen O-soto-gari Angriff von Vivien nutzte die Blaugurtin leider aus und setzte Tani-Otoshi an. Für mich fiel Vivien in Zeitlupe – puh Gott sei Dank „nur“ Waza-Ari. Dazu kam noch ein Koka. Und obwohl Vivien die 2. Kampfhälfte wieder voll dominierte und eine Wertung überfällig erschien, reichte am Ende die Zeit wieder nicht. Echt Schade!

Aber immerhin konnte Vivien 2 Kämpfe auf dem Niveau einer Deutschen Meisterschaft über die volle Zeit mitkämpfen. Und wer weiß, hätte nicht die gesamte Konzentration des heutigen Tages auf dem Erreichen des Gewichtes gelegen, wäre vielleicht ein bisschen mehr drin gewesen… Wer weiß… aber wie immer so schön gesagt wird, dabei sein ist alles. Und die 2 Tage waren für uns alle doch wieder ein ganz besonderes Erlebnis. Wir schauten uns noch die Finalkämpfe an und belohnten uns selbst auf der Heimreise mit dem DEM-Pflicht-McDonalds-Besuch. Geheime telefonische Absprachen machten es dann möglich, dass Vivien 0:30 Uhr bei unserer Ankunft im Klotzscher Ghetto von Marc, Martin, Maria, Maks und Steffen herzlich begrüßt und gefeiert wurde. Stark verschlafen stieg sie aus dem Auto aus und auch wenn sie es nicht zeigen konnte, hoffen wir doch, dass sie sich gefreut hat.

Im nächsten Jahr hat Vivien noch ein letztes Mal die Chance sich für Deutsche Meisterschaften der U17 zu qualifizieren. Dieses Jahr hat gezeigt, dass dies nicht automatisch einfach so wiederholt werden kann, und nur durch Glück noch geklappt hat. Aber wer weiß, wenn ihr alle so fleißig weiter trainiert, können wir nächstes Jahr vielleicht mit mehr als nur 1 Kämpfer zur DEM fahren. Ich fänd es toll!

Zusammenfassung

Name / Gewichtsklasse / Teilnehmer / Kämpfe (ges.-gew.-verl.) / Platz


Vivien Haupt / -48kg / 24 / 2-0-2 / –



Laut Vivien müssen auch Trainer optimal gedehnt sein…



Chancen im 1. Kampf gegen Maria Graf



Der verhängnisvolle Tani-Otoshi….



Nächtliche Begrüßung – toll!!!